
Anfangs waren die Leute skeptisch und das ist teilweise auch heute noch so.
Michael KatenbrinkDie Natur drückt sich langsam durch die Bodenplatten des ehemaligen Betonwerkes, doch es wird weiter produziert an diesem besonderen Ort. Auf dem Gelände kehrt neues Leben ein.
Ein Tag im Juni auf dem Gelände des Betonwerks. Es herrscht reges Treiben. Im Café Fuchs und Hase reiht sich Fahrrad an Fahrrad. Die Bierbänke reichen dieses Jahr bis auf den Eingangsplatz – und es sind trotzdem nicht genug. Vor seinem Atelier lädt Simon Mullan die Einzelteile einer Skulptur in einen Transporter, die noch am gleichen Abend in Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz aufgebaut wird. Er ist ein wenig müde vom vielen Arbeiten der letzten Tage, aber glücklich. Daneben gräbt sich ein Presslufthammer in eine große Halle. Von starken Händen wird sie endlich aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Und bald wird sie die Gruppe Offspring mit verschiedenen Formaten bespielen. Beim ehemaligen Heizhaus sind die Arbeiten schon ein Stück weiter. Hier bauen Jörg Bodemann aus Stolzenhagen und Micha Hillmer zusammen mit ihrem Team gerade an einem Holzdach und einen sechs Meter langen Tisch. Im Heizhaus soll langfristig das soziale Herz des Geländes schlagen, hier wird ein Ort der Gemeinschaft entstehen. Doch einen Ort des kreativen Austauschs, an dem Mieter, Mitentwickler oder Interessenten an dem Geschehen zusammenkommen – den braucht es schon jetzt. Also entsteht dieses Jahr bereits ein temporärer Ort, der noch Raum lässt, um über den Raum nachzudenken – bevor die Stahlträger eingezogen werden.
Anfangs waren die Leute skeptisch und das ist teilweise auch heute noch so.
Dabei sollten sie erst einmal die Menschen hinter dem Projekt kennenlernen und herausfinden, was sie bewegen wollen.
Raus aufs Land zog es Michael Katenbrink bereits 1999. Mit seiner Familie zog es den gebürtigen Schwedter an den Rand des Nationalparks, den es damals so noch gar nicht gab.
Auch im Betonwerk herrschte noch emsiges Treiben. Heute ist es auf genau diesem Gelände ruhig geworden. Neues Leben haucht Michael Katenbrink der alten Werkstatt von Siegfried Singert ein – damals wie heute wird hier an Fahrzeugen und Technik gebastelt und repariert. Gleich neben dem großen Tor steht ein alter Gabelstapler aus den 60ern. Alles noch mit Originalteilen, erklärt Michael Katenbrink stolz. Auf der Werkbank unter dem Fenster liegt alles griffbereit. Eine Fülle an Werkzeug, das seine ganz eigene Geschichte erzählt. Fast jeden Tag kommt er auf das Gelände, auch wenn es nur für einen kurzen Rundgang reicht. Denn zwischen seiner Schichtarbeit als Anlagenfahrer in Pinnow und der Werkstatt ist er in der Ortsfeuerwehr Stolpe aktiv. Gemeinsam eingetreten mit seinem Bruder hat Michael Katenbrink diese nach einigen Jahren als Ortswehrführer übernommen und im Familienverbund eine eigene Kinder- und Jugendfeuerwehr aufgebaut.
Auch wenn die Anfänge etwas holprig waren, sieht er durchaus positive Impulse ins das Dorf und die Region. Vor allem wenn das Projekt noch bekannter wird und sich weitere Kunstschaffende ansiedeln, werden die Menschen hier vor Ort von den Möglichkeiten inspiriert. Eine Tochter aus dem Freundeskreis ist momentan bereits am Überlegen, etwas in Richtung Kunst zu machen. Erste Kontakte in den Kulturpark sind schon gemacht und vielleicht ergibt sich ein Praktikum bei einem der Künstler. Dadurch entsteht ein Netzwerk, dass letztendlich auch die Jugend in der Region hält. Wie das aussehen kann, erlebt Michael Katenbrink in seiner Feuerwehr: Aus einer spontanen Anfrage auf dem Sportplatz entstand die Kinder- und Jugendfeuerwehr. Aus den avisierten fünf bis sechs Kinder sind mittlerweile zehn geworden, davon sind bereits zwei in den aktiven Dienst gewechselt. Auch andere aus der Gruppe überlegen zu bleiben oder wollen zumindest weiterhin in der Region die Feuerwehren unterstützen.
Die Idee scheint also zu fruchten und auch die sichtbaren Veränderungen auf der Industriebrache machen Mut und entfalten ihre ganz eigenen Potenziale.



„Es passiert wenigstens etwas.“
Jetzt ein Jahr nach dem Concrete Transformation Festival ist das Dorf deutlich offener. Einige waren auch selbst Besucher. Was noch fehlt, ist eine dauerhafte Interaktion mit den Menschen hier im Ort.
Etwas, was alle immer wieder zusammenbringt – ein sozialer Mittelpunkt wie damals das Restaurant im Hotel, der Biergarten oder der Grützpott. Dort konnte man abends nach Feierabend hingehen, hören, was los ist oder sich einfach austauschen. Die Strandparty mit dem aufgeschütteten Kies vor dem Sozialgebäude war ein Highlight, über das man lange gesprochen hat. Für Michael Katenbrink verbindet der Kulturpark die unterschiedlichen Lebenswelten, die nebeneinander aber auch miteinander funktionieren und sich gegenseitig positiv beeinflussen können.
Viele Sachen seien ja bereits angestoßen, wie der kleine Garten mitten in der Betonwüste. Der Flohmarkt von Jenny und Mike letztes Jahr ist als erster Impuls richtig gut angekommen. Für die Feuerwehr brauchen wir auf lange Sicht auch ein neues Gebäude. Hier wäre genügend Platz. Damit würde auch eine neue Funktion mit aufs Gelände ziehen. Die Unterschiede, die aufeinanderprallen und eine gewisse Lebendigkeit symbolisieren, sieht er als Schritte in die Veränderung – wie andere den ländlichen Raum wahrnehmen, aber auch für das Leben hier in Stolpe.
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Entstanden im Rahmen eines gemeinsamen Projekts der TU Dresden, studio amore und dem Kulturpark Stolpe.
Seit über vier Jahren entstehen hier – gemeinsam mit Menschen aus Stadt, Land und dazwischen – neue Ideen, Strukturen und Lebensentwürfe im Wandel.